Wednesday, March 19, 2008

OII - Position zur medizinischen Praxis

Unsere westlichen Gesellschaften basieren auf einem Zwei-Geschlechter-System, das klar zwischen Mann und Frau trennt. Dabei nehmen sie die Natur und die enorme Vielzahl der möglichen Geschlechter nicht wahr, die miteinander in verschiedensten Abstufungen innerhalb eines Spektrums liegen - mit dem Mann am einem Ende und der Frau am anderen Ende - und sich dabei überlappen. Die willkürliche Unterteilung des biologischen Geschlechtes in nur zwei Kategorien macht sämtliche Geschlechtszuweisungen von Individuen problematisch. Weder die Genitalien noch die Chromosomen helfen uns dabei das „wahre" Geschlecht eines Kindes festzustellen. Ebenfalls sind die Gonaden, der Hormonhaushalt und die inneren Fortpflanzungsorgane des Kindes keine zuverlässigen Merkmale mit denen man das Geschlecht eines Kindes abschließend feststellen könnte. Jedes Kind wird mit einer einzigartigen Kombination dieser Faktoren geboren, daher ist jede Geschlechtszuweisung aufgrund der zahlreichen unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten nur eine bloße Vermutung.

Wir sprechen uns gegen alle chirurgischen Eingriffe an Kindern mit “anders aussehenden” Geschlechtsorganen aus, bei denen keine medizinische Notwendigkeit besteht. Vielmehr befürworten wir, intergeschlechtlichen Kindern das Recht und die Zeit zu geben selber ihre eigene geschlechtliche Identität zu bestimmen, um diese dann bei gegebener Zeit anderen mitzuteilen. Ausserdem raten wir Eltern und Spezialisten, die geschlechtliche Identität ihrer Kinder zu respektieren und alles notwendige zu tun, damit ihre Kinder entsprechend ihrer Wahl leben können.

Es ist äußerst wichtig, daß die Eltern, die Ärzte und die Therapeuten die für das Wohl des Kindes zuständig sind, die Identität des Kindes respektieren, sobald er_sie seine_ihre eigene sexuelle Identität deutlich mitgeteilt hat. Es sollte alles unternommen werden, um das Kind in seiner Wahl zu unterstützen, ihm in der Pubertät den Zugang zu Hormonen und/oder anderen Behandlungen zu ermöglichen, die notwendig sind, um das Leben des Kindes in dem Geschlecht zu erleichtern, dem es sich zugehörig fühlt.

Wir setzen uns ein für einen Paradigmenwechsel der derzeitigen medizinischen Praxis bezüglich der chirurgischen Eingriffe sowie der Diagnose von “Geschlechtsidentitätsstörungen” bei jenen intergeschlechtlichen Individuen, die sich dem ihnen bei Geburt zugewiesenen Geschlecht nicht oder nicht mehr zugehörig fühlen. OII bekräftig, dass ein intergeschlechtlicher Mensch nur aufgrund der eigenen inneren psychologischen Wahrnehmung sein Geschlecht bestimmen sollte. Diese persönliche Entscheidung bei der geschlechtlichen Verortung sollte ohne medizinische oder staatliche Einmischung geschehen und als grundlegendes Menschenrecht verstanden werden.

OII - Position zum Dritten Geschlecht

Der Entwurf einer neuen Kategorie um Intergeschlechtlichkeit zu bestimmen, bringt verschiedene Probleme mit sich. Zunächst: wie sollen wir Intergeschlechtlichkeit definieren? OII glaubt, daß es niemals eine klare Definition geben wird und daß es gleichzeitig überhaupt keine Notwendigkeit für eine rechtliche Definition von Intergeschlechtlichkeit gibt. Wir haben keine klaren Definitionen darüber, was eine Frau und was ein Mann ist - wir nehmen lediglich an, daß dies der Fall ist.

Es ist die Absicht von OII zugunsten der Menschenrechte von Intergeschlechtlichen zu arbeiten und Verständnis dafür zu erreichen, daß es nicht nur zwei Geschlechter gibt.

Die Herstellung einer speziellen Kategorie für Intergeschlechtliche könnte zu weiterer Marginalisierung einer Gruppe führen, die wenig verstanden ist. Unsere juristischen Argumente basieren auf dem Recht jeder Person, ihre eigene Identität innerhalb des Zweigeschlechtersystems festzulegen und vor allem in der Hoffnung darauf, dass es eines Tages für niemanden mehr Zwangszuweisungen von Geschlechtskategorien gibt.

OII’s Politik zur Intergeschlechtlichkeit, medizinischen Diagnosen und gesundheitlichen Informationen.

OII liegt sehr viel an dem Recht des Individuums auf Privatsphäre und hinsichtlich des Datenschutzes von medizinischen Unterlagen und verlangt keinerlei Bekanntmachung von medizinischen Informationen oder Diagnosen von seinen Mitgliedern oder Selbsthilfegruppen. Unsere Mitglieder sind instruiert andere Mitglieder nicht nach medizinischen Diagnosen zu fragen, es bleibt jedem selbst überlassen nach eigenem Ermessen diese Informationen zu veröffentlichen und anderen mitzuteilen. Es gibt vielerlei Gründe hierfür.

1) Intergeschlechtlichkeit ist ein sehr sensibles Thema und viele Menschen suchen Unterstützung ohne dabei private und persönliche Informationen zu ihrem Körper oder ihrer medizinischen Geschichte mit anderen zu teilen.

2) Viele intergeschlechtliche Menschen haben keine wirkliche medizinische Diagnose da viele mit intergeschlechtlichen Varationen geboren sind, für die es zur Zeit noch keine Erklärung oder Diagnose gibt.

3) Einige intergeschlechtliche Menschen haben keine medizinische Diagnose, da sie in Unwissen aufgewachsen sind und medizinische Informationen bezüglich ihrer Variation verheimlicht wurden, und die Anzeichen ihrer Variation früh entfernt und medizinische Akten längst zerstört wurden.

4)Vielen Menschen wird eine genaue Diagnostik aus unterschiedlichsten Gründen verweigert (da zB eine Intergeschlechtlichkeit in den Augen des Arztes nicht besteht oder die Patient_in sogar vorsätzlich in Unwissen gehalten wird) und können diese auch nicht selber bezahlen.

5) OII versteht Intergeschlechtlichkeit nicht als Krankheit und benötigt daher auch keine Diagnose.

6) In OII's Definition fällt jeder Mensch unter den Begriff Intergeschlechtlichkeit, der mit einem Körper geboren wurde, der dem typischen Standard und Normen von Mann und Frau nicht entspricht.

Ebenfalls findet OII es unethisch, ohne die Einwilligung der betroffenden Person über Diagnosen von Gruppenmitgliedern von OII zu sprechen, besonders gilt dies für diejenigen, die medizinische Experten sind oder in medizinischen Institutionen beschäftigt sind.

Wenn über die Diagnosen von Menschen des OII-Boards gesprochen wird und dies ohne jeglichen Zugang zu persönlichen medizinischen Unterlagen und ohne Zustimmung der betroffenden Person getan wird, ist dies nicht nur unethisch, sondern eine Verletzung der Privatsphäre und des Datenschutzes. Besonders gilt dies wenn solche Informationen von medizinischen Experten oder Angestellten medizinischer Institutionen verbreitet werden.